Menü

Schemata nach J. Young

Schemata nach J. Young

Schemata nach J. Young

Jeffrey Young zufolge können maladaptive Schemata entstehen, wenn emotionale Grundbedürfnisse in Kindheit und Jugend wiederholt nicht erfüllt bzw. frustriert wurden. Klinisch und empirisch bestätigt sind 18 unterschiedliche Schemata, die fünf Domänen (oder Themen) zugeordnet werden, die wiederum das frustrierte Grundbedürfnis widerspiegeln.

Das Schema wird also in der frühen Individualentwicklung angelegt als überdauerndes und umfassendes Muster aus Gefühlen, Gedanken, Erinnerungen und Körperempfindungen im Sinne eines inneren „Abbilds“ der realen Bedingungen in der frühen Biografie. Dieses Muster kann sich im Laufe der weiteren Entwicklung verstärken und wirkt bei Aktivierung handlungsleitend fort, auch wenn die äußeren Bedingungen und das Beziehungsgefüge sich ändern.

1. Domäne Abgetrenntheit und Ablehnung
(frustriertes Grundbedürfnis: Bindung)

Das Schema Verlassenheit / Instabilität umfasst das Empfinden und die Erwartung, dass nahestehende Menschen instabil verfügbar und unzuverlässig sind (statt zu unterstützen und liebevoll zugewandt zu sein), den Betroffenen verlassen oder sterben werden. Das Grundgefühl ist, im Stich gelassen zu werden.

Biografisch finden wir häufig einen Wechsel von Fürsorge und Alleinsein, instabile Zuwendung, Erleben von Verlust.

Das Schema Misstrauen / Missbrauch beinhaltet das Empfinden und die Erwartung von anderen Menschen mit Absicht belogen, betrogen, gedemütigt, misshandelt, missbraucht oder manipuliert zu werden oder ganz generell im Leben benachteiligt zu sein. Betroffene wittern stetig böse Absichten, selbst hinter freundlich gemeinten Gesten. Das Gefühl, immer den Kürzeren zu ziehen, ist prominent. Biografisch litten Betroffene häufig unter emotionalem, körperlichem oder sexuellem Missbrauch oder auch unter extremer Vernachlässigung.

Das Schema Emotionale Entbehrung umfasst die Erwartung, dass normale emotionale Unterstützung im Sinne von Zuwendung und Aufmerksamkeit (Variante 1), Empathie und Verständnis (Variante 2) oder Schutz und Anleitung (Variante 3) von anderen Menschen nicht gegeben werden können, auch wenn die Person präsent ist. Betroffene fühlen sich abgelehnt und im Mangel. Biografisch finden sich tatsächliche Vernachlässigung und emotionale Kälte von Bezugspersonen sowie Ablehnungserfahrungen.

Das Schema Unzulänglichkeit / Scham beinhaltet die Überzeugung in wichtiger Hinsicht unzulänglich, schlecht, unerwünscht, minderwertig oder unfähig zu sein (äußerlich oder innerlich), begleitet von Angst und Unsicherheit im sozialen Kontakt. Betroffene sind sehr sensibel gegenüber Kritik, Ablehnung und Schuldzuweisung. Biografisch erlitten sie häufig Invalidierung, Demütigung, Herabsetzung oder Benachteiligung.

Das Schema Soziale Isolierung / Entfremdung umfasst die Überzeugung, grundlegend anders zu sein als andere Menschen und tiefgreifende Empfindungen von Unzugehörigkeit, „wie abgeschnitten vom Rest der Welt“. Biografischer Hintergrund können Erfahrungen von Ausgrenzung und Demütigung sein, z. B. durch Bullying durch Peers in der Schule. Betroffen sind oft Kinder aus Familien mit sozialem oder ethnischem Minderheitenstatus oder Familien, die sehr isoliert mit engen Grenzen nach außen lebten.

2. Domäne Beeinträchtigung von Autonomie und Leistung (frustriertes Grundbedürfnis: Autonomie, Identität und Kompetenz bzw. Selbstwertsteigerung)

Das Schema Abhängigkeit / Inkompetenz beinhaltet die Überzeugung ohne umfangreiche Unterstützung anderer den Alltag nicht adäquat bewältigen zu können (für sich sorgen, alltägliche Probleme lösen, Entscheidungen treffen, sich neuen Aufgaben stellen), sowie ein starkes Gefühl von Hilflosigkeit. Biografisch finden sich häufig Überprotektion, übervorsichtige oder kontrollierende Bezugspersonen, mangelnde Lerngelegenheiten.

Das Schema Verletzbarkeit / Anfälligkeit für Schädigungen oder Krankheit beinhaltet übertriebene Furcht vor jederzeit drohenden, unabwendbaren Katastrophen (gesundheitlich, emotional oder extern, wie z. B. Erdbeben, Überfall oder Ausfall eines Aufzugs). In der Biografie finden sich Erfahrungen von Überprotektion und/oder ängstlichen und stark kontrollierenden Bezugspersonen.

Das Schema Verstrickung / Unentwickeltes Selbst zeigt sich in einer übertrieben starken Beziehung und Nähe zu Bezugspersonen auf Kosten eigener Individuation und normaler sozialer Entwicklung. Es beinhaltet die Überzeugung, dass ohne die enge Beziehung eine der beteiligten Personen nicht zurechtkommen könne. Oft bestehen auch Zweifel an der eigenen unabhängigen Existenz sowie Gefühle von Leere, Unsicherheit/Angst und mangelnder Orientierung. Biografisch findet sich oft Erzeugung von Abhängigkeit durch Kontrolle und fehlendes Zugestehen von Eigenständigkeit und/oder Induktion von Schuldgefühlen bei Verfolgung eigener Bestrebungen, ggf. auch Parentifizierung.

Das Schema Versagen umfasst die Überzeugung versagt zu haben, künftig unvermeidlich zu versagen oder in leistungsbezogenen Lebensbereichen hoffnungslos unterlegen, inkompetent oder dumm zu sein. Zudem das Gefühl mangelnden Selbstvertrauens. In der Biografie finden sich oft fehlende Unterstützung und Ermutigung, eigene Entscheidungen zu treffen und Dinge selbst zu tun.

3. Domäne Beeinträchtigung im Umgang mit Begrenzungen (frustriertes Grundbedürfnis: Realistische Grenzen und innere Kontrolle)

Das Schema Anspruchshaltung und Grandiosität umfasst die Überzeugung, gegenüber anderen Menschen überlegen, stärker, wichtiger und mit besonderen Rechten und Vorzügen ausgestattet zu sein und alles bekommen zu müssen, was man will, auch auf Kosten anderer. Erfolg, Macht und Berühmtheit zu erlangen sind oft sehr wichtig. Gefühle von Besonderheit und Konkurrenz sind prominent. Gefühle und Bedürfnisse anderer werden wenig bis gar nicht beachtet. Biografisch finden sich fehlende Grenzsetzungen (Hinweise auf Bedürfnisse und Rechte anderer) oder aber emotionale Deprivation oder soziale Unerwünschtheit, die das Schema kompensiert.

Das Schema Unzureichende Selbstkontrolle / Selbstdisziplin umfasst eine geringe Frustrationstoleranz bei der Verfolgung eigener Ziele, schwer zu kontrollierende eigene Impulse und den oft exzessiven Ausdruck eigener Gefühle.

Unbehagen und Anstrengung werden oft gemieden, was bis hin zum Stillstand persönlicher Entwicklung führen kann. Biografisch finden sich häufig ein Mangel an Anforderungen an das Kind oder Vernachlässigung im Sinne von laissez-faire.

4. Domäne Fremdbezogenheit (frustriertes Grundbedürfnis: Freiheit im Ausdruck von Bedürfnissen und Emotionen)

Das Schema Unterwerfung umfasst die Neigung, in extremer Form die Kontrolle und Entscheidungsgewalt an andere abzugeben mit dem Ansinnen Ärger, Konflikte oder Verlassenwerden zu vermeiden. Unterschwellig herrscht das Gefühl von Ärger vor, der sich in unkontrollierten Wutausbrüchen Bahn brechen kann: Exzessive Willfährigkeit führt zum Aufbau von Ärger, der sich dysfunktional manifestiert (z. B. passive Aggressivität, Wutausbrüche, Psychosomatik u. a.). Das Schema tritt in zwei Varianten auf:

  1. Unterwerfung eigener Bedürfnisse (Vorlieben, Entscheidungen, Wünsche)
  2. Unterwerfung emotionalen Ausdrucks (v. a. von Ärger)

Biografisch finden sich oft kontrollierende/strenge Bezugspersonen, die keinen Widerspruch dulden und die nicht nach den Gefühlen, Bedürfnissen und Wünschen des Kindes fragen.

Das Schema Selbstaufopferung beinhaltet das übertriebene Bemühen die Bedürfnisse anderer zu erfüllen, um sich nicht schuldig zu fühlen oder nicht verlassen zu werden. Betroffene zeigen eine hohe Sensibilität für das Leid anderer. Langfristig herrschen oft Gefühle von Unzufriedenheit und Ressentiments gegenüber dem, der versorgt wird, vor. Biografischer Ursprung sind überforderte schwache Bezugspersonen und Parentifizierung.

Das Schema Streben nach Zustimmung und Anerkennung beinhaltet das übermäßige Streben nach Aufmerksamkeit und Anerkennung, ein starkes Bemühen um Anpassung und Erfüllen der Erwartungen anderer zulasten der Entwicklung eines soliden Selbstgefühls. Das Selbstwertgefühl ist instabil und abhängig von Reaktionen anderer, nicht von eigenen Neigungen und Bedürfnissen. Einhergehend treten Gefälligkeit auf und das Betonen von Erfolgen und Statussymbolen sowie Bemühungen um ein tadellos attraktives äußeres Erscheinungsbild.

Biografisch finden sich verhaltensabhängige Belohnung durch Bezugspersonen und/oder übermäßiges Drängen auf sozial erwünschtes Verhalten.    

5. Domäne Übertriebene Wachsamkeit und Gehemmtheit (frustriertes Grundbedürfnis: Spontaneität und Spiel)

Das Schema Negativität / Pessimismus beinhaltet eine generelle Konzentration auf das Negative: Schmerz, Tod, Verlust, Enttäuschung, Konflikt, Schuld, Groll, Probleme, Fehler, Missgeschick und deren anzunehmende negative Folgen. Positive Begebenheiten werden hingegen minimiert oder geleugnet. Gefühle von Besorgnis, Angst und Unentschlossenheit sind Teil des Schemas. Biografisch finden sich oft überängstliche, übervorsichtige, besorgte oder durch ein negatives Weltbild geprägte Bezugspersonen, aber auch die Kumulation tatsächlicher eigener negativer Erfahrungen.

Das Schema Emotionale Gehemmtheit umfasst eine übertriebene Hemmung spontanen Handelns, Fühlens und Kommunizierens (von eigenen Gefühlen, Bedürfnissen und Verletzlichkeiten), um kein Missfallen zu erregen, und/oder Schamgefühle zu vermeiden, bei starker latenter Angst davor negativ aufzufallen. Betroffene erscheinen oft sehr rational. In der Biografie Betroffener finden sich oftmals kalte Bezugspersonen und die Bestrafung von Ausgelassenheit, Spiel und Lebendigkeit bei harten Grenzsetzungen.

Das Schema Überhöhte Standards umfasst die starke Überzeugung, sich bemühen zu müssen, um sehr hohen verinnerlichten Leistungs- und Verhaltensstandards zu genügen und Kritik zu vermeiden. Häufig ist das Gefühl, unter Druck zu stehen und nicht nachlassen zu dürfen, eine überkritische Haltung gegenüber sich selbst und anderen, sowie mangelnde Gelassenheit. In der Folge entstehen herabgesetzte Freud- und Entspannungsfähigkeit, gesundheitliche Beeinträchtigungen, mangelnde Zufriedenheit, ggf. soziale Zurückgezogenheit. Biografischer Ursprung sind leistungsbezogene Zuwendung und übermäßige Leistungserwartungen von Bezugspersonen.

Das Schema Bestrafen beinhaltet die Überzeugung, dass Menschen für begangene Fehler bestraft werden sollten und die Tendenz wütend, intolerant, ungeduldig und unerbittlich sich selbst und anderen gegenüber zu sein. Es fällt schwer, Fehler zu vergeben, es gibt keine Akzeptanz menschlicher Unvollkommenheit oder „mildernde Umstände“. In der Biografie finden sich oft überstrenge Bezugspersonen, die dem Kind das Gefühl vermitteln es sei böse, wenn es „Fehler“ macht.

Warenkorb
Nach oben scrollen